In der Arzneimittelkommissions-Sitzung 5/2005 wurden folgende Änderungen der Arzneimittelliste des USB beschlossen:
WECHSEL Abelcet / Ambisome (INN: Amphotericin)
Das Antimykotikum Abelcet wird in der Schweiz nicht mehr vertrieben und wurde vom Hersteller abregistriert. Als Ersatz wird das liposomale Amphotericin-Präparat Ambisome in die AML aufgenommen (SAP-Nr. 9047059).
WECHSEL Ponstan / Mephadolor (INN: Mefenaminsäure)
Ponstan Suppositorien sind vom Hersteller seit einiger Zeit nicht lieferbar. Die Ponstan-Gamme wird deshalb durch das wirkstoffidentische Präparat Mephadolor ersetzt mit Ausnahme der Ponstan-Suspension, für die es keinen generischen Ersatz gibt.
ALT | NEU |
SAP-Nr. | Produkt | SAP-Nr. | Produkt |
9049330 | PONSTAN Filmtabs 500 mg 12 Stk | 9067124 | Mephadolor Filmtabl 500mg 30 Stk |
4002384 | PONSTAN Filmtabs 500 mg 36 Stk | 9067124 | Mephadolor Filmtabl 500mg 30 Stk |
4002382 | PONSTAN Kaps 250 mg 12 Stk | 9067125 | Mephadolor Kapseln 250mg 10 Stk |
4002385 | PONSTAN Supp 125 mg Inf 6 Stk | 9067126 | Mephadolor Supp 125mg 10 Stk |
4002386 | PONSTAN Supp 500 mg Ad 6 Stk | 9065548 | Mephadolor Supp 500mg 10 Stk |
4003541 | PONSTAN Susp 50 mg/5ml 120 ml | ----- | Weiterhin PONSTAN Susp. |
NEU Pyrazinamid Tabletten 500 mg (INN: Pyrazinamid)
Pyrazinamid kann nach dem Marktrückzug in der Schweiz aus dem Ausland importiert werden und wird deshalb als Reservetuberkulostatikum wieder in die AML aufgenommen (SAP-Nr. 9055184).
NEU Dafalgan Odis (INN: Paracetamol)
Neu werden Dafalgan Odis 500 mg Schmelztabletten (SAP-Nr. 9051633) in die AML aufgenommen. Es handelt sich hierbei um Schmelztabletten, die sich bei Kontakt mit Speichel schnell auflösen. Die Schmelztablette wird auf die Zunge gegeben, wo sie zerfällt und mit dem Speichel geschluckt werden kann.
INFO Perfalgan-Verbrauch (INN: Paracetamol)
Perfalgan ist eine parenterale Darreichungsform von Paracetamol, die im Vergleich zu den oralen oder rektalen Formen erheblich teurer ist. Während der Preis für eine Tablette Dafalgan 500 mg bei 0.10 CHF liegt, kostet eine Infusionsflasche Perfalgan 1 g aktuell 5.69 CHF. Die USB-internen Verbräuche von Perfalgan sind im Vergleich zu den externen Spitälern vergleichsweise hoch:
Spital Verbrauch 12 Mon. Summe Kosten
USB 23’988 CHF 150’178.19
BDS 3’948 CHF 25’764.08
MIS 1’968 CHF 12’904.30
GSR 1’092 CHF 7’093.70
UKBB 960 CHF 6’230.38
FPS 144 CHF 1’085.46
REHAB 144 CHF 953.62
Reha Chr. 12 CHF 79.79
Summe 32’256 CHF 204’289.52
Für folgende 10 Stationen des USB mit dem höchsten Verbrauch besteht möglicherweise ein erhebliches Einsparpotential (Nennung in alphabetischer Reihenfolge):
70002083 | Anästhesie Aufwachraum WEST UFK |
70004660 | Chirurgie 6 Ost |
70004670 | Chirurgie 7 Ost |
70004920 | Gynäkologische Bettenstation UFK |
70004120 | Isolierstation Pflege/Adm. |
70004140 | Medizin 7.1 Pflege/Adm. |
70004150 | Medizin 7.2 Pflege/Adm. |
70004170 | Medizin.Intensivstation / ICU |
70004801 | Notfall-Aufnahme/Triage |
70004802 | Notfall-Bettenstation |
Wir weisen darauf hin, das Paracetamol wenn möglich in oraler Form appliziert werden soll und dass im Fall einer parenteralen Gabe so bald als möglich auf die orale Applikation umgestellt wird.
NEU Fosamax Wochentabl. (INN: Alendronat)
In die AML wird neu das orale Bisphosphonat Fosamax als Wochentablette mit 70 mg (SAP-Nr. 9041222) zur Therapie der Osteoporose aufgenommen.
STREICHUNG Novalgin orale Formen (INN: Metamizol-Na)
Novalgin wird in oralen und rektalen Darreichungsformen im USB relativ häufig eingesetzt (Verbräuche der letzten 12 Monate: Novalgin 500 mg Tabl. 592 Pack., Novalgin Tropfen 1'192 Flaschen, Novalgin 1 g Supp. 142 Pack.).
Aufgrund des Agranulozytose-Risikos hat die AMK beschlossen, sämtliche oralen und rektalen Darreichungsformen von Novalgin aus der AML zu streichen und in der Spital-Pharmazie nicht mehr bevorraten zu lassen. Folgende Präparate sind betroffen:
- NOVALGIN, TABL. 500 MG 50 (SAP-Nr. 4001144)
- NOVALGIN, TROPFEN 50% 10 ML (SAP-Nr. 4001145)
- NOVALGIN, SUPP. 1 G 5 (SAP-Nr. 4001143)
In Zusammenarbeit mit der Klinischen Pharmakologie wird dieser Schritt wie folgt begründet:
Der hohe Verbrauch oraler Formen von Metamizol im USB lässt sich kaum rational erklären. Zum einen gibt es keine gute Evidenz, dass Metamizol bei postoperativen Schmerzen [1] oder Nierenkoliken [2] anderen Analgetika überlegen wäre, zum anderen besteht ein gesicherter Zusammenhang zwischen Metamizol-Einnahme und schwerwiegenden, mitunter letal verlaufenden hämatologischen Nebenwirkungen, insbes. Agranulozytose.
Dieses negative Nutzen/Risiko-Profil der Substanz begründet die Streichung aller oralen Formen aus der Arzneimittelliste des USB.
Die Agranulozytose-Problematik unter Metamizol wurde in der Vergangenheit kontrovers diskutiert. In den 70-er Jahren wurde die Agranulozytose-Inzidenz mit 0.1% beziffert. Spätere epidemiologische Studien haben diese Zahl auf 1.1 / 1Mio Anwender nach unten korrigiert (zitiert in [3]). Die Autoren von [4] erachten das Auftreten von (z.T. letal verlaufender) Agranzulozytose als relativ häufig. Die Inzidenzangaben sind regional unterschiedlich zwischen 1 / 3000 bis 1.1 / 1 Mio Anwender, ein Reporting-Bias wird diskutiert. Eine Hochrechnung von 1989 schätzte weltweit 7000 Agranulozytosefälle pro Jahr durch Metamizol [in 4].
Neuere methodisch gute Studien [5,6] errechneten eine Inzidenz von ca. 1 Fall pro 1400 bis 1 pro 31'000 Verschreibungen von Metamizol. In einer spanischen Fallkontrollstudie [7] wurde ein relatives Risiko, unter Metamizol-Exposition eine Agranulozytose zu entwickeln, von 25.8 (Konfidenzintervall 95%: 8.4-79.1) ermittelt. Die Agranulozytose-Letalität unter Metamizol wird mit 12%-32% angegeben [zitiert in 8].
In einer epidemiologischen Studie durch die Pharmakovigilance in Holland über einen Zeitraum von 20 Jahren (1974-1994) [8] war Metamizol die häufigste gemeldete Ursache medikamentös-induzierter Agranulozytose. Zwölf Prozent Fälle mit letalem Verlauf wurden bei dieser Aufschlüsselung nicht berücksichtigt. In Spanien wurden 19 medikamentös-induzierte Agranulozytosefälle analysiert, wobei Metamizol und Ticlopidin am häufigsten involviert waren [9].
Der Beginn einer Agranulozytose unter Metamizol ist unvorhersehbar. Tödliche Fälle ereigneten sich sowohl nach Langzeit- als auch nach kurzer Therapie. Das Auftreten innerhalb von Stunden im Rahmen einer Überempfindlichkeitsreaktion wird diskutiert.
Literatur
[1] Edwards JE, Meseguer F, Faura CC, Moore RA, McQuay HJ: Single dose dipyrone for acute postoperative pain. The Cochrane Database of Systematic Reviews 2001, Issue 1. Art. No.: CD003227. (DOI: 10.1002/14651858).
[2] Edwards JE, Meseguer F, Faura C, Moore RA, McQuay HJ: Single dose dipyrone for acute renal colic pain. The Cochrane Database of Systematic Reviews 2002, Issue 4. Art. No.: CD003867. (DOI: 10.1002/14651858.CD003867).
[3] Martinez-Martin P, Raffaelli E Jr, Titus F et al: Efficacy and safety of metamizol vs. acetylsalicylic acid in patients with moderate episodic tension-type headache: a randomized, double-blind, placebo- and active-controlled, multicentre study. Cephalalgia 2001;21:604-10.
[4] Micromedex Computerized Information System. Drugdex, Drug Evaluations: Dipyrone, Healthcare Series Vol. 111, 03/2002.
[5] Hedenmalm K, Spigset O: Agranulocytosis and other blood dyscrasias associated with dipyrone (metamizole) Eur J Clin Pharmacol 2002;58: 265–274 (DOI 10.1007/s00228-002-0465-2).
[6] Bäckström M, Hägg S, Mjörndal T, Dahlqvist R: Utilization pattern of metamizole in northern Sweden and risk estimates of agranulocytosis; Pharmacoepidemiol Drug Safety 2002;11: 239–245 (DOI: 10.1002/pds.697).
[7] Ibáñez L, Vidal X, Ballarin E, Laporte JR: Agranulocytosis associated with dipyrone (metamizol); Eur J Clin Pharmacol 2005;60: 821–829 (DOI 10.1007/s00228-004-0836-y).
[8] Van der Klauw MM, Wilson JHP, Stricker BHCh: Drug-associated agranulocytosis: 20 years of reporting in the Netherlands (1974-1994). Am J Hematol 1998;57:206-11.
[9] Marquez JA, Pardo C, Amutio E et al: Drug-induced agranulocytosis: clinical study of 19 cases. Sangre (barc) 1998;43:436-8.
Der Einsatz der parenteralen Form von Metamizol ist von diesem Beschluss nicht betroffen. Novalgin 50% Amp. 2 ml (SAP-Nr. 4001696) bleiben weiterhin in der AML gelistet und in der Spital-Pharmazie an Lager.